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Jubiläum
30 Jahre Rechtszusammenarbeit mit der Mongolei

Autor: Felix Glenk

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Hanns-Seidel-Stiftung in der Mongolei besuchte der Generalsekretär der HSS, Oliver Jörg, die mongolische Hauptstadt.

Der Generalsekretär, Oliver Jörg, (l.) beim Abendempfang in der deutschen Botschaft Ulaanbaatar mit der Geschäftsträgerin a.i. der Bundesrepublik Deutschland, Hana Becker, sowie mit dem Länderrepräsentanten der HSS, Felix Glenk und dem HSS-Kurzzeitexperten, Prof. Dr. Hilgendorf von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Der Generalsekretär, Oliver Jörg, (l.) beim Abendempfang in der deutschen Botschaft Ulaanbaatar mit der Geschäftsträgerin a.i. der Bundesrepublik Deutschland, Hana Becker, sowie mit dem Länderrepräsentanten der HSS, Felix Glenk und dem HSS-Kurzzeitexperten, Prof. Dr. Hilgendorf von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Als die Klänge der mongolischen Blaskapelle den Räumlichkeiten der Deutschen Botschaft in Ulaanbaatar erfüllen und die festliche Atmosphäre spürbar wird, versammelten sich hochrangige Vertreter des mongolischen Justizwesens, der deutschen Botschaft und der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) zu einem bemerkenswerten Anlass: das 30-jährige Jubiläum der Zusammenarbeit zwischen der HSS und der Mongolei wurde Mitte September 2023 gefeiert. Ein Höhepunkt dieses besonderen Tages war der Besuch des Generalsekretärs der HSS, Oliver Jörg, der von der Vorsitzenden der Verwaltungskammer des Obersten Gerichtes, Frau Munkhtuya, mit einer Plakette für das langjährige Engagement der Hanns-Seidel-Stiftung geehrt wurde.

Die Wurzeln dieser besonderen Partnerschaft gehen zurück auf eine Zeit vor genau 30 Jahren. Damals wurde Prof. Dr. Sarantuya, die später die langjährige Repräsentantin der HSS in der Mongolei werden sollte, vom Dekan der Rechtsfakultät der Nationaluniversität nach Deutschland geschickt. Ihr Auftrag war es, einen Kurzzeitexperten zu finden, der die mongolischen Juristen bei Rechtsreformen beraten konnte. Dieser Schritt führte zu einer beispiellosen Kooperation zwischen der HSS und der Mongolei, einem Land, das damals den Pfad der demokratischen Entwicklung einschlug. Diese Kooperation hat bis heute Bestand und wurde zu einem Eckpfeiler der juristischen Entwicklung in der Mongolei.

Nachhaltige Entwicklung, Rechtsstaatlichkeit fördern

Über die vergangenen drei Jahrzehnte hinweg hat die HSS zahlreiche Projekte und Aktivitäten in enger Zusammenarbeit mit ihren mongolischen Partnern durchgeführt. Ziel war es, die Rechtsstaatlichkeit in der Mongolei zu stärken und die nachhaltige Entwicklung des Landes zu fördern. Hierzu gehörten Symposien, Vorträge, Arbeitsbesuche und die Veröffentlichung von Fachliteratur. Ein besonderer Fokus lag auf der Ausbildung mongolischer Juristen in Deutschland, die anschließend eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Reformen im Rechtsbereich in ihrer Heimat übernehmen sollten. Es war daher keine Überraschung, dass unter den Gästen in der Deutschen Botschaft viele stolze Alumni der HSS waren, darunter höchste Richter, angesehene Akademiker und der Präsident des mongolischen Juristenverbandes.

Im Gespräch mit dem Staatssekretär des Ministeriums für Justiz und Inneres der Mongolei, Herr P. Sainzorig, und weiteren Vertretern des Ministeriums und der HSS

Im Gespräch mit dem Staatssekretär des Ministeriums für Justiz und Inneres der Mongolei, Herr P. Sainzorig, und weiteren Vertretern des Ministeriums und der HSS

Große Dankbarkeit für langjährige Unterstützung durch die HSS

Während seines mehrtätigen Besuchs im September 2023 konnte Generalsekretär Oliver Jörg in den zahlreichen Gesprächen mit mongolischen Juristen und Politikern große Dankbarkeit erleben. Der mongolische Staatssekretär im Justiz- und Innenministerium betonte, die HSS sei der wichtigste Partner im Rechtsbereich. Dies war keine leere Rhetorik, wie sich beim feierlichen Akt im mongolischen Staatskhural, dem Parlament der Mongolei, zeigte. Fast alle Vertreter der juristischen Institutionen des Landes waren anwesend und teilten in ihren Reden und Grußworten inspirierende Geschichten über die gemeinsame Zusammenarbeit. Ein besonderer Erfolg war die Unterstützung bei der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach deutschem Modell, wie der Präsident des Obersten Gerichtes hervorhob.

Deutsches Recht bildet Grundlage für mongolisches Rechtssystem

Der Einfluss nicht nur der HSS, sondern auch anderer deutscher Institutionen in der Mongolei, ist unübersehbar. Viele Gesprächspartner beherrschen die deutsche Sprache (rund 1% der mongolischen Bevölkerung sprechen Deutsch) und verweisen auf das deutsche Recht als Grundlage eines großen Teils des heutigen mongolischen Rechtssystems. Dies wurde auch bei Gesprächen mit dem Abgeordneten des mongolischen Staatskhurals, Battumur Enkhbayar, deutlich. Die Ausrichtung gen Westen setzt sich fort: Vor kurzem wurde die Verfassung geändert, um ein sogenanntes "Grabenwahlsystem" einzuführen, das Wahlkreise und Listen wie in Deutschland vorsieht.

Zentrum für deutsches und europäisches Recht entsteht

Mehr als 30 mongolische Juristen haben im Rahmen der Zusammenarbeit mit der HSS in Deutschland studiert oder Forschungsarbeiten durchgeführt. Die meisten mongolischen Richter erhielten Schulungen durch die HSS. Gemeinsam mit mongolischen Partnern wurden juristische Standardwerke veröffentlicht. Während des Festakts unterzeichneten der Dekan der Rechtsfakultät der Nationaluniversität, Batbold Amarsanaa, und der Landesrepräsentant der HSS in der Mongolei, Felix Glenk, eine gemeinsame Erklärung über die Gründung eines Zentrums für deutsches und europäisches Recht in der Mongolei.

Übergabe einer Dankesplakette durch die Vorsitzende Richterin der Verwaltungskammer des Obersten Gerichtes der Mongolei an den Generalsekretär der HSS, Oliver Jörg

Übergabe einer Dankesplakette durch die Vorsitzende Richterin der Verwaltungskammer des Obersten Gerichtes der Mongolei an den Generalsekretär der HSS, Oliver Jörg

Partnerschaft Mongolei/Bayern führt zu tiefer Freundschaft

Die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der HSS wird besonders vor dem Hintergrund der komplexen geopolitischen Lage in der Region deutlich. Die Mongolei verfolgt eine Politik der guten Beziehungen zu ihren direkten Nachbarn, Russland und China, um ihre eigene Stabilität zu gewährleisten. Gleichzeitig betont die mongolische Außenpolitik die Bedeutung von Beziehungen und Austausch mit sogenannten „Drittnachbarn“, darunter die USA, Südkorea, Japan und Deutschland. Angesichts des sinkenden Budgets deutscher Institutionen im Ausland in den vergangenen Jahren, insbesondere seit den jüngsten Bundestagswahlen, gewinnt die Partnerschaft mit anderen Ländern weiter an Bedeutung. Die HSS möchte die Mongolei weiterhin unterstützen, wenn deutsche Expertise im Rechtsbereich und in Fragen nachhaltiger Entwicklung gefragt ist. Die Dankbarkeit und Loyalität, die während der Feierlichkeiten zum 30-jährigen Jubiläum erneut zum Ausdruck kamen, sind der HSS sicher. Aus der Partnerschaft zwischen Bayern und der Mongolei, die über die Jahre auch von zahlreichen deutschen Kurzzeitexperten unterstützt wurde, ist inzwischen eine tiefe Freundschaft entstanden.

„Wenn man wie ich die Rechtsentwicklung in der Mongolei fast 20 Jahre lang aktiv begleitet und an zahllosen Sitzungen, Beratungen und Konferenzen teilgenommen, referiert und diskutiert hat, so weckt ein Jubiläum wie das heutige unzählige Erinnerungen: An die intensiven Bemühungen um ein modernes und humanes Strafrecht und Strafprozessrecht; an die dabei gemachten Bekanntschaften, aus denen oft Freundschaften wurden, an die große Gastfreundschaft der Mongolei mit dem sehnsuchtsvollen Klang der Pferdegeigen und dem wechselseitigen Singen von Volksliedern als Höhepunkt; an die weiten, jedes kleine Gefühl in grandiose Dimensionen steigernden Landschaften und den in seiner Klarheit einzigartigen Winter, wenn sich über Ulaan Baatar ein eisiger, aber großartiger blassblauer Himmel wölbt, wenn in den Außenbezirken die kleinen Schornsteine der Jurten rauchen und am Rande die Pferde durch den Schnee traben“.

Zitat: Prof. Dr. h.c. mult. Bernd Schünemann, 
langjähriger juristischer Experte der HSS in der Mongolei